Dezember 2022 - Der arme Löwe!

Der Wolf findet Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie.

(Jes 11,6)

Liebe Gemeinde, „der arme Löwe“ würden die Kinder sagen. Der verträgt doch gar kein Gras! Wenn etwas nicht zum Löwen passt, und auch zum Panter, dann ist es Gras zu fressen wie ein Rindvieh. Aber genau dieses Bild wählt der Prophet Jesaja, wenn er von der Welt spricht, die der Gesalbte Gottes schaffen soll.

Dieser soll kommen - so verkündet der Prophet - mit Macht. Und er wird beschenkt sein mit dem Geist des Rats und der Stärke, der Erkenntnis und der Furcht des HERRN. Aber ist es Zeichen von Erkenntnis, den Panthter beim Böcklein lagern zu lassen?

Liest man ein bischen vor dem Monatsspruch nach, dann wird deutlicher, wer mit „Panther“ und „Böcklein“ gemeint ist. Der Gesalbte Gottes schafft Gerechtigkeit auf Erden. Dabei wird er nicht mit den Ohren hören. Dann es wird viel Falsches geredet. Und er wird sich auch nicht auf die Augen verlassen, denn das Äußere täuscht. Der Gesalbte Gottes kommt, um wahre Gerechtigkeit zu bringen. Sie kann nicht getäuscht werden, denn sie wächst aus tiefem Wissen um Gott und um die Welt.

Unser Gott verspricht: Ich will mich mit meinem Gesalbte zwischen die Gedemütigten und die Geschlagenen und die menschlichen Panther und Löwen stellen. Das Jagen und Morden auf Erden soll enden und Frieden einziehen.

Jesus Geburt feiern wir an Weihnachten, weil er damit ernst gemacht hat. Er hat sich bis ans Kreuz zwischen die Lämmmer und die Löwen gestellt, um Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen.  Deswegen gehen wir durch den Advent und erwarten den Tag, an dem Lämmer und Löwen für immer gemeinsam weiden.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit, frohe Feiertag und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2023. 

ihr Volker Konrad

Nach oben

November 2022 - die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen ...

Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!

(Jes 5,20)

Liebe Gemeinde,

manche Sätze des Propheten Jesaja scheinen unsere Tage zu treffen als ob sie für das digitale Zeitalter gesagt worden wären und nicht für Menschen, die ihr Leben ohne Internet und Newsfeeds verbrachten. Es gehört zu unserer Gegenwart, dass politische Auseinandersetzung darin endet sich gegenseitig „Populismus“, „Fake News“ oder „alternative Fakten“  vorzuwerfen. Das bedeutet weniger höflich ausgedrück ja nur: „Du lügst und du weißt das auch. Denn ich sage die Wahrheit und deswegen muss, was du sagst, gelogen sein.“  Damit ist natürlich der Gedanke verknüpft: „Du machst das zu deinem eigenen Vorteil und führst dafür andere in die Irre.“

Das betrifft aber nicht nur die viel gescholtene Politik, sondern auch das private Miteinander. Von erbitterte Nachbarschaftskonflikten hat jeder schon gehört. Berichte von Geschwistern, die sich über ein Erbe zerstritten haben und bitterbösen Scheidungsprozesse kennt jeder.
Die Härte, mit der diese Konflikte auch vor Gericht ausgefochten werden, ist enorm. Genau von diesen Situationen schreibt der Prophet, von Menschen, die ihren Nutzen vor Gericht gnadenlos und zu Unrecht durchsetzen. Sie lügen, schwören falsch, bauen das Ackerland des Nachbarn zu und stürzen ihn in Hunger. Sie nutzen jedes Mittel für ihren Vorteil und gewinnen.

Der Schwache, die Witwe und die Waise kann gegen diese Menschen kein Recht bekommen. Jesaja macht klar,  dass all das nicht nur Unrecht gegen die Menschen ist. Dieses Verhalten verletzt auch elementar den Bund, den der Gott Israels mit seinem Volk geschlossen hat. Denn Gott hat am Sinai nicht nur eine Beziehung zwischen sich und den Menschen hergestellt. Teil dieses Bundes ist auch die Leitlinie, wie Menschen untereinader und miteinander umgehen sollen, in Güte und Gerechtigkeit nämlich. Das himmelschreiende Unrecht ist dem gütigen Gott Israel unerträglich und sein Zorn darüber verheerend.

Wir kennen diese biblische Wahrheit. Aber hilft sie uns? Ich bin doch nicht so ein Mensch, der seine Ansicht ohne Rücksicht auf andere durchsetzt. Oder doch? Wie könnte ich auch von der Wahrheit ablassen? Die Wahrheit zu verteidigen, werden wir doch immer wieder ermuntert! Sie ist doch ein, wenn nicht sogar das höchste Gut. Und deswegen muss sie doch mit allen Mitteln verteidigt werden. Oder?

Gäbe es ein Patentrezept auf die Frage, wie die Wahrheit zu finden sei, wäre die Welt von allem Streit geheilt. Vielleicht ist aber eine gute Hilfe eine Frage, die man sich ehrlich stellen kann: „Dient, was ich da so eisern verteidige nur mir oder auch der ganzen Gemeinschaft. Wer hat etwas davon?“ Ist die Antwort dann nur ein „Ich“, wäre es vielleicht klug, die eigene Sicht etwas zurück zu nehmen und etwas liebvoller auf den Mitmenschen zu schauen. Denn das höchste Gebot für uns Christen besteht ja aus zwei Teilen: »Höre, Israel: Der Herr ist unser Gott, der Herr allein! Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft. Und als Zweites kommt dieses dazu: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.« (Mk 29-31)

ihr Volker Konrad

Nach oben

Mai 2022 - Und wünsche Dir ...

Ich wünsche dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es deiner Seele wohl ergeht.

(3. Johannes 2)

Liebe Gemeinde,

das Briefeschreiben ist heute nicht mehr so angesagt. Selbst die gute, alte E-Mail hat für viele schon den angestaubten Hauch des Dinosauriers. Das heißt nicht, dass heute nicht viel geschrieben wird. Messanger auf den Handys wie WhatsApp und Telegramm feiern Nutzerrekorde. Milliarden von Menschen kommunizieren über sie. Schnelligkeit ist der Vorteil. Eine Antwort kommt innerhalb von Minuten. Und es gibt dazu noch lustige Katzen-Bildchen.

Die klassische Form kommt dabei etwas unter die Räder. Schon in der E-Mail fiel die Anrede oft weg, genauso wie ein abschließender Gruß. Wer würde auch jeden Textschnipsel mit einem „mit vielen Grüßen“ garnieren. Der Vers, der über dem Monat Mai 2022 steht, stammt aus der Einleitung des 3. Johannesbriefs. Damals – vor knapp 1800 Jahren – reisten Briefe noch Monate. Das scheint dazu geführt zu haben, dass die Briefpartner sich eine Menge Zeit dafür nahmen, sich Gedanken über ihr Gegenüber zu machen.  Ehe der Absender des 3. Johannesbriefs zu seinem Thema kommt, wünscht er seinem Adressaten Gaius deshalb ausführlich alles Gute. „In jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit“ sind seine Worte. Der ganze Brief zeigt diese große Zuneigung.

Mir gefällt das etwas altertümliche „Wohlergehen und Gesundheit“. Das heißt doch wohl, dass jener Gaius nicht nur frei von Schmerzen und Krankheit durchs Leben gehen soll. „Wohlergehen“ meint ein gutes und gelingendes Leben, über das unmittelbar Körperliche hinaus. Wann haben Sie einem Menschen, den Sie kennen, eigentlich das letzte Mal „Wohlergehen gewünscht“? Wahrscheinlich lange nicht, denn so redet heute ja keiner mehr. Aber wie würden wir das heute sagen? Und sollten wir das Menschen nicht eigentlich viel öfter wünschen? Wie schnell das umfassende Wohlergehen beschädigt ist, haben alle erlebt, die zwar gesund durch die Corona-Tage gekommen sind, aber durch Angst um ihre Lieben und berufliche Sorgen in die Enge getrieben wurden.

Spannend ist aber der zweite Teil des Satzes. Johannes legt als Maßstab fest, welches Ausmaß dieses Wohlergehen haben solle: „So wie es deine Seele wohlergeht“. Johannes ist sich sicher, dass es seinem Freund Gauius seelisch hervorragend geht. Was das genau ausmacht, wird nicht genau gesagt, aber es scheint, dass Gauius dadurch fröhlich und aktiv gewesen ist. Für Johannes zeigt sich das Wohlergehen der Seele daran, dass Gauius den Brüdern in der Gemeinde Gutes tut - und auch den Fremden. Was macht, dass es unserer Seele so wohl ergeht – ohne Zweifel, wenn wir uns geliebt fühlen. Letztlich schreibt Johannes seinem Freund: So wie du dich von Gott geliebt fühlst, soll es auch in deinem ganzen Leben weiter gehen. Das ist vielleicht auch ein wichtiger Punkt, Leib und Seele müssen zusammen gehalten werden.

Gute Wünsche sind ja eine feine Sache, aber sie bewirken doch nichts, oder? Der Schriftsteller Charles Dickens schrieb: „Wünsche sind nie klug. Das ist sogar das beste an ihnen.“ Das heißt: Wünschen bringt nichts. Denn sie verändern nichts. Aber ohne sie verändert sich auch nichts.

Es ist eine grundchristliche Haltung allen Menschen Gutes zu wünschen, weil ihnen allen die Liebe unseres Gottes gehört. Das gilt auch gerade in Zeiten des Krieges. Lassen Sie uns nicht aufhören, sondern darin wachsen allen Menschen Gesundheit und Wohlergehen zu wünschen. Dann  nehmen wir uns nicht das Böse, sondern das Gute zum Vorbild, wie Johannes ins einem Brief weiter schreibt. So können wir auch handfest helfen, den Frieden Gottes auf Erden wieder wachsen lassen.

ihr Volker Konrad

 

Nach oben

April 2022 - Neuanfang

Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen:
Ich habe den Herrn gesehen.
Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.
(Joh 20,18)

Liebe Gemeinde,

der Monatsspruch im April nimmt es vorweg: Wir erwarten einen Neuanfang – inmitten all der Themen, die uns gerade bewegen und nicht loslassen. Zwischen Krieg und Frieden, zwischen neuem Freedomday und Hotspotregelung, zwischen vergessener Krisenherde im Nahen Osten und Afghanistan, zwischen dem Bangen um Energiekosten und fast vergessenem Umweltschutz… kommt jetzt Ostern.

Ähnlich überrumpelnd mögen es die Jünger empfunden haben, als Maria in ihre Runde platzt: „Ich habe den Herrn gesehen.“ Dabei war er gerade einmal drei Tage tot. Maria taucht mitten in ihrer Trauer und Fassungslosigkeit auf, inmitten der enttäuschten Erwartungen von Frieden und Freiheit. Das, was gerade passiert war, können sie kaum fassen: der erschütternde Prozess und die brutale Hinrichtung Jesu. Und dann das. Er soll leben. Völlig absurd. Und doch ist Maria beseelt von dem, was ihr passiert war. Das muss sie ihnen erzählen. Sie ist beseelt und vollkommen neu belebt. Erfüllt von dem Lebendigen, ihrem Herrn, hat sich ihre tiefe Trauer verwandelt. Ihr Glück und ihre Zuversicht berühren auch die Jünger nach und nach. In Maria wird die Veränderung und der Neuanfang, den Gott schenkt, spürbar und nahe.

Ein wenig so ist es, wenn Menschen dieser Tage andere durch ihre Freude und ihren Optimismus berühren: inmitten all der bedrückenden Nachrichten und Erfahrungen. Es ist ein wenig so, wenn Menschen zeigen, wie rücksichtvoll und behutsam „man“ miteinander umgehen kann. Ja, es geschieht sogar ein Neuanfang dort, wo Menschen mit ihrer Anteilnahme und ihrer Fürsorge anderen neuen Mut, eine sichere Unterkunft und eine Aussicht auf eine Zukunft schenken; oder aber, wenn Kinder mit ihrer Lebensfreude und Begeisterung einen Moment der Unbeschwertheit und Leichtigkeit in den Alltag zaubern.

„Ich habe den Herrn gesehen.“ Durch all diese Menschen wird eine Facette von Ostern in uns schon jetzt lebendig. Durch all diese Menschen legt Gott in uns einen Sinn und Geschmack für ein anderes Leben, das schon hier und jetzt beginnt – und in Ostern in aller Herrlichkeit erstrahlt. Es ist ein Neuanfang, wie ihn Maria erlebt hat. Maria, die voller Freude mitten in den Alltag platzt und die Sicht auf die Welt verändert.

ihr Eike Herzig

Nach oben

Paulus mitten drin

Sonntag 25. April 2021 - Jubilate

Lieber Gemeinde

der Predigttext für den Sonntag Jubilate berichtet von Paulus Rede auf dem Areopag. Dieser Ort war das Zentrum für den Austausch von Wissen und Ideen in Athen. Und Athen war die Welthauptstadt der Philosophie. Paulus liefert eine geschliffene Rede und zugleich ein Glaubensbekenntnis. Und jeder Punkt darin lohnt eine ausführliche Besprechung.

Ich möchte auf drei andere Punkte hinweisen, die mir in der Schilderung des Lukas bemerkenswert erscheinen.

Paulus ist provokant. Er ärgert sich über Götterverehrung in Athen und gerät mit Philosophen aneinander. Als man dann wissen will, was er wirklich lehrt, geht er ins Zentrum. Mitten ins Leben und die dickste wissenschaftliche Diskussion seiner Zeit.

Lesen Sie mehr: hier

Auf der Suche

Sonntag 18.04.2021 Misericordias Domini

Liebe Schwestern und Brüder,

das Logo unserer Gemeinde lädt zum Nachdenken ein. Es zeigt zwei einander zugewandte Menschen. Sie begegnen sich. Ob sie miteinander reden? Miteinander schweigen? Miteinander tanzen? Vielleicht fragen sie, wie es ihnen geht? Wie sie trotz Kontaktbeschränkungen zurechtkommen? Welche Sorgen sie tragen? Ob sie ihrem Beruf nachgehen können? Und ob das Homeoffice mehr Segen als Fluch ist? Welche Menschen sie lange schon nicht mehr gesehen haben und vermissen…? Vielleicht diskutieren sie auch und ringen darum einen Kompromiss zu finden. … Ob sie sich überhaupt kennen?

Was aber ist es, was sie miteinander verbindet? Was ist es, was sie in diesem Leben und in ihrem Inneren dazu bewegt, aufeinander zuzugehen?

Liebe Gemeinde,

auch der Prophet Ezechiel erzählt davon in der Bibel, wie und warum Menschen zueinander finden:

„Denn so spricht Gott der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war.“ (Ez 34, 11f.)

Die Zeit, von der hier die Rede ist, ist die nach der Belagerung Jerusalems und der Deportation der Bevölkerung nach Babylon. Es ist eine Zeit, in der die Heimat verloren ist und in der Menschen voneinander getrennt wurden: Familien, Freunde und Nachbarn, ein ganzes Volk. Wie kann es da nur weitergehen? Gibt es ein Wiedersehen? Wie ist das Geschehene zu verarbeiten? Sowohl bei denen, die nun weit der Heimat sind und bei denen, die noch fliehen konnten, und wiederum bei denen, die geblieben sind? Was verbindet sie über alle Grenzen hinweg und was motiviert sie, die Hoffnung nicht aufzugeben?

Gott.

Er will ihnen Hoffnung und Zuversicht geben. Durch seinen Propheten lässt er ihnen sagen, dass er nach ihnen sucht. Er ist bereits auf dem Weg, um sie alle aus der Ungewissheit, dem Vergessen und ihrem Kummer zu befreien. Wie ein Hirte macht er sich auf, um sie alle in seiner Nähe zu versammeln. Dafür begibt er sich in diese Welt und hier an die noch so entlegensten Orte: Er sucht sie im Exil, in anderen Länder und in der verwüsteten Heimat. Er findet Teile seiner Herde dort, wo die Trauer und der Verlust geliebter Menschen alles andere vergessen lassen. Gott findet sie auch an Orten, die sie in falscher Sicherheit wiegen. Und an solchen Plätzen, an denen ihre seelischen Wunden nicht heilen können. Dieser Hirte aber hält an ihnen fest. Gegenüber allen anderen vermeintlichen Hirten, Anführern, Königen und Herrschern, die das Volk in die Irre und schließlich in das Exil geführt haben, will dieser Hirte seine Schafe erretten: aus allen Lagen und bis er alle bei sich hat.

„Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten…“ (Ez 34,12)

Liebe Gemeinde,

Gott ist es. Er sorgt dafür, dass Menschen (wieder) zueinander finden, sich begegnen und neu kennenlernen. Er schafft eine Gemeinschaft über alle Grenzen und noch so entlegenen Orte hinweg. Eine Gemeinschaft, in der damals wie heute Menschen füreinander da sind. In der die Menschen damals und wir heute füreinander Hirten und Schafe zugleich sind:

Als Schafe sind wir die Menschen, die Gott zusammenbringt. Wir brauchen einen Gott, der uns untereinander stärkt. Der uns Menschen zur Seite stellt, die uns aufbauen, aber auch unser Glück und unsere Lebensfreude teilen. Wir brauchen diesen Gott, damit er uns in unserem Glauben, unserer Liebe und unserer Hoffnung füreinander erneuert.

Zugleich sind wir auch Hirten in den Momenten, in denen wir uns gegenseitig von diesem Gott und unserem Glauben erzählen. Wo wir ihn erfahren haben, aber auch wann wir uns nach ihm sehnen, ihn brauchen, an ihm zweifeln und er vielleicht nicht zu spüren ist. Wir sind Hirten, wenn wir dann füreinander Sorge tragen und aus christlicher Liebe handeln. Aber auch, wenn wir die Türen für Menschen mit besonderen Biographien öffnen und uns Zeit für Kinder und Jugendliche nehmen, die Orientierung und Verlässlichkeit suchen und brauchen. Auf diese Weise geben wir die Hoffnung, auf ein gemeinsames Leben nicht auf-, sondern weiter.

Liebe Schwerstern und Brüder,

das Logo unserer Gemeinde zeigt in der Tat ein Miteinander, das Gott schafft. Es zeigt eine Gemeinschaft, die aus Gottes Handeln und seiner Gegenwart lebt. Die aus Gottes unablässiger Suche nach uns, die Gewissheit und die Zuversicht schöpft, sowohl die schwierigen und herausfordernden Situationen als auch das Glück und die Freude zu teilen.

Amen.

Ihr Pfarrer Eike Herzig

Den Impuls finden Sie zum Download hier

Nach oben

Von Regenbögen und Hoffnungsträgerinnen

Gedanken zum  Sonntag Judica 21.03.2021

Liebe Gemeinde,

es ist ein gutes Jahr her, dass immer mehr selbstgebastelte Regenbögen in den Fenstern zu entdecken waren. Es war eine große, deutschlandweite Aktion. Zu Beginn der Zeit von Heimunterricht und Homeoffice haben unzählige Kinder an dieser Aktion teilgenommen. Wer im Fenster einen solchen Regenbogen entdeckt hat, wusste: „Ah! Hier wohnt auch eine Familie mit Kindern. Auch hier wohnen Kinder, die sich wünschen, dass alles wieder normal wird.“ Nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern wussten in diesem Moment: „Wir sind nicht allein.“ Es war ein Zeichen der Hoffnung, der Solidarität und der Gemeinschaft, die mit den Farben des Regenbogens in den grauen Alltag hineingeschienen hat.

Mittlerweile sind die Regenbögen in den Fenstern etwas verblasst und scheinen nicht mehr so bunt. Es hat sich alles etwas umgekehrt. Mittlerweile, so könnte man meinen, stehen auch sie für einen Alltag, der langsam die Hoffnung auf ein baldiges, rasches Ende der Pandemie aufgegeben hat. Der hier und da auch etwas vergilbte Regenbogen im Fenster erinnert eher an die Vertröstungen und die eingezogene Ernüchterung. Fast scheint es so, dass mit dem Zeichen der Gemeinschaft und der Solidarität auch diese an etlichen Stellen verblasst ist.

Und doch können die Regenbögen auch gerade dafür stehen, dass wir alle diese Gemeinschaft bedürfen. Vor allem diejenigen, die ganz alleine sind in diesen Zeiten. Die mehr als sonst ein Zeichen der Solidarität brauchen, obwohl diese doch so risikobehaftet ist. An diese Menschen erinnert auch der Predigttext aus dem vergangenen Jahr. Im Hebräerbrief lesen wir Folgendes:

12Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. 13So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. 14Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Liebe Gemeinde,

in aller Kürze und mit drastischen Worten erzählt der Hebräerbrief von Jesu Leidensweg. Er erinnert daran, dass Jesus sein Kreuz aus der Stadt heraus bis nach Golgatha tragen musste. Auf diesem Hügel vor den Toren Jerusalem starb er. Mit seinem Kreuz und seinem Blut hat er das Leid, den Schmerz, die Unsicherheiten und die Angst auf sich genommen. In ausgerechnet diesem leidenden Menschen kommt Gott zur Welt. In Jesus wird er ganz Mensch. Und in ihm kommt zu uns allen. Gott kommt in unserer Mitte, in unsere Gemeinschaft, aber auch in die Isolation und Einsamkeit. Gott ist bei den Verlassenen und Vergessenen. Wie Jesus sollen auch wir ihm dahin folgen.

Nur wie soll eine solche Nachfolge in unserer Zeit aussehen, in der der Kontakt ein so großes Risiko birgt, sich selbst und andere in Gefahr zu bringen? Zunächst erinnert uns der Hebräerbrief mit seinen Worten daran, wie wir bereits füreinander da sind. Er erinnert daran, in welch vielfältiger Weise das bisher geschehen ist: angefangen von kleinen Gottesdiensten mit Schutzkonzepten, Konfirmandenunterricht mit Distanz oder online, Kinder- und Jugendarbeit usw. Es gibt unzählige Formate. Zugleich gibt es doch auch so viele Menschen, die diese Angebote nicht kennen und nicht wahrnehmen können. Nur wie ließe sich der Kontakt zu ihnen gestalten, ohne sie und sich selbst zu gefährden? Vielleicht auf althergebrachte Weise? Mit Aushängen in den Schaukästen, auf denen ein Gebet und ein Tagessegen zu finden sind. Vielleicht sogar mit persönlichen Briefen und Karten? Mit Anrufen oder Giveaways vor der Kirche? Womit ließe sich wieder Farbe für einen kleinen Moment in den Alltag bringen? Wie können wir als Gemeinde die Farben der Regenbögen in den Fenstern wieder leuchten lassen? Wie können wir zum Regenbogen und Hoffnungsträgerinnen mit unseren Ideen für die einsamen Menschen werden?

 

Liebe Gemeinde,

die Worte des Hebräerbriefes lassen darüber nachdenken, wie es weitergehen kann. Sie stärken uns in der Kreativität, Gemeinschaft und Solidarität dort zu gestalten, wo sie aus dem Blick geraten ist und undenkbar scheint. So lassen diese Worte auch jetzt schon etwas von der Hoffnung aufkommen, die ein Wiedersehen nach den Kontaktbeschränkungen verheißt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Ihr Pfarrer Eike Christian Herzig

Download als PDF

Sonntag Laetare

Gedanken zum Wochenspruch am Sonntag Laetare 14.03.2021

Liebe Gemeinde,  

leider kann aufgrund der steigenden Inzidenz unser erster gemeinsamer Gottesdienst nicht in dieser Woche stattfinden. Die Kirchenbänke bleiben verwaist und die Orgel stumm. Es bleibt die Begrüßung an der Tür ebenso aus, wie das Hören der biblischen Geschichten, der Gebete und die gemeinsamen Lieder. Die Kirche muss leer bleiben. Auch nebenan im Paul-Gerhardt-Haus ist es still. Als ich in den vergangenen Tagen die ersten Male dort war, konnte ich einen Eindruck gewinnen, wie das Gemeindeleben in den unterschiedlichsten Formen vor nicht allzu langer Zeit hier aussah. Und nun fehlen auch hier die Treffen, die Gespräche, das Singen, die Handarbeiten, das gemeinsame Essen, die Musik und das Lachen von Kindern.  

Ja, es ist viel, was gerade stillsteht und entbehrt werden muss. Da ist es alles andere als einfach, wenn Sie zudem noch von ihrem vertrauten und hier verwurzelten Pfarrer und Ihrer Pfarrerin Abschied nehmen müssen. Dieser Umstand allein braucht erst einmal Zeit. Zeit, um zu sehen, was war, was besonders ist und was da auf uns alle gemeinsam zukommt. 

Allzu gerne hätte ich unter normalen Bedingungen die Möglichkeiten genutzt und Sie hier näher kennengelernt. Ich hätte Sie gerne nach dem gefragt, was für Sie die Gemeinschaft in dieser Gemeinde so besonders macht, was Sie hierhergeführt hat und was Ihnen für die Zukunft wichtig ist. 

Da tut es gut, den Worten des Wochenspruchs etwas nachzusinnen und uns in den Worten wiederzufinden. Diese Worte Jesu aus dem Johannesevangelium sollen uns in den kommenden Tagen begleiten: 

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein, wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh 12,24) 

Liebe Gemeinde, 

etliche Menschen sind in Jerusalem zusammengekommen und wollen Jesus sehen. Voller Hoffnung suchen sie seine Nähe. Sie wollen ihn hören und mit ihm beten. Sie brauchen Orientierung, Gewissheit und Zuversicht für ihr Leben, für ihr Leben mit Gott. Doch Jesus spricht zunächst von einer eher düsteren Zukunft. Er redet davon, was nach dem Verrat, seinem Prozess und dem Martyrium kommt. Er richtet den Blick auf seinen Tod und damit auf das scheinbare Ende all dieser mitgebrachten Hoffnungen. Und doch nimmt er mehr in den Blick. Jesus bereitet sie darauf vor, dass sein Tod nicht das Ende ist; nicht seines und nicht das Ende ihrer Gemeinschaft. Auch wenn ihre Hoffnung zu scheitern droht, sie Abschiednehmen müssen, Vertrautes hinter sich zu lassen haben, angefeindet und sogar verfolgt werden, verheißt er ihnen ein neues Leben: in seiner Liebe. Seine Auferstehung und seine Liebe werden alles verändern. Und auch ihre Gemeinschaft wird sich wandeln. Doch sie wird aus seiner Liebe immer wieder aufblühen, neue Facetten und neue Gesichter erhalten. Seine Liebe wird sie trösten, stark machen, füreinander öffnen und in der Welt wachsen lassen. Es ist Seine Liebe, die ihnen auch unter widrigen Umständen Ideen und Perspektiven geben wird, ihre Räume in der Welt finden und sie auf ihre ganz eigene Weise „viel Frucht“ tragen lässt.

Die Worte des Wochenspruchs mögen auch uns in der Hoffnung für die kommende Zeit bestärken und uns bereits jetzt in das Licht von Ostern stellen. Sie sollen unsere Bilder und Erinnerungen daran wecken, wie die Kirche und unsere Räume mit Gesprächen, Gebeten, Lachen und Gelassenheit und mit der wunderbaren Musik erfüllt war – und wie sie das auch wieder sein wird! Diese Worte haben die Kraft, sich nicht von der Stille und Leere entmutigen zu lassen. Sie sichern uns vielmehr zu, dass die Kirche wieder mit Leben gefüllt sein wird, dass wir uns wieder begegnen. Darüber hinaus sichern sie auch zu, dass wir unsere Gemeinschaft noch einmal ganz neu entdecken werden. Im Vertrauen auf Christus und seine Liebe sind wir verbunden. Wir können und sollen zuversichtlich und mutig sein, unsere Gemeinschaft auch in Zukunft zu gestalten.

Lassen wir uns von diesem österlichen Mut für die Zukunft inspirieren. 

Ihr Pfarrer Eike Christian Herzig 

Nach oben

Predigten 2021

Predigten 2020

Predigten 2018

Predigten 2017

Predigten 2016

demnächst...im Bezirk Erlöser


TuTgut! Konzert: The other side of midnight

04.06.23
Eine Hommage an Michel Legrand - Rosa Latour, Daniel Masuch und Chris Kühne interpretieren französisch- und englischsprachige Stücke des französischen Komponisten Michel Legrand. mehr


SOMMERKONZERT

04.06.23
SOMMERKONZERT mehr


Sommerfest

07.06.23
im Altenzentrum Klarastift mehr


Joseph Haydn DIE SCHÖPFUNG

11.06.23
Joseph Haydn DIE SCHÖPFUNG mehr

Veranstaltungen & Termine